Wir. sind. Großmarkt.

Die Sitzung des Rats der Stadt Köln vom 15. Juni 2023 wird in der Kölner Stadtgeschichte für den Kölner Großmarkt entweder zum Wendepunkt in den Köpfen der Politik und der Stadtverwaltung der Stadt Köln oder zur Besiegelung einer über viele Jahre währenden mutwilligen Vernichtung eines der letzten Oberzentren zur Versorgung der Bürger mit – frischen – Lebensmitteln, die über eine von den Lebensmittelkonzerne unabhängige Wertschöpfungskette verfügen. Dies ermöglicht marktfähige Preise für den Erzeuger als auch Verbraucher sowie die Befähigung auch in Krisen die Versorgung mit – frischen – Lebensmitteln sicherzustellen.

Das Schicksal von den etwa 160 kleinen und mittleren Betrieben mit weit mehr als 2.000 Arbeitsplätzen, die hier in der Metropole am Rhein im Herzen Nordrhein-Westfalens tätig sind, ist vollkommen ungewiss.

Für die die regionalen Erzeuger sowie die Wochenmarkthändler, Lebensmitteleinzelhändler, Gastronomie, und sonstige Großabnehmer und -verbraucher, die diese Handelsplattform für den Absatz bzw. Vertrieb von – frischen – Lebensmitteln, sonstigen Waren und Dienstleistungen nutzen, wird dies gleichfalls zur Nagelprobe.

Erstmals in der Vereinsgeschichte haben die Händler und Unternehmer der Interessengemeinschaft Kölner Großmarkt e.V. hier vor Beginn der Ratssitzung auf dem Alter Markt vor dem historischen Rathaus eine Kundgebung abgehalten. Zeitgleich haben die Ratsmitglieder von SPD, DIE LINKE, FDP und THOR ZIMMERMANN einen Antrag gestellt, mit dem Ziel, die Existenz des Großmarkts zu sichern.

Antrag von SPD, DIE LINKE, FDP und THOR ZIMMERMANN

Dieser Antrag mit dem Titel „Existenz und Betriebssicherheit des Kölner Großmarktes sichern“ beinhaltete drei Punkte, und zwar folgende:

  1. In Abänderung seiner Beschlüsse aus dem Jahr 2018 (3124/2018) und 2021 (AN/0929/2021) wird der Betrieb des Großmarkts am Standort Raderberg bis zum 31.12.2028 verlängert (im Sinne der Satzung für die Wochenmärkte und den Großmarkt Raderberg der Stadt Köln – Kölner Marktsatzung -vom 19. Dezember 1994 in der Fassung der 2. Satzung zur Änderung der Kölner Marktsatzung vom 21. Dezember 2016). Die Verlängerung endet mit einem gesonderten Beschluss des Rates der Stadt Köln zur Schließung des Betriebes am jetzigen Standort und dem nahtlosen Übergang in ein neues Frischezentrum.
  2. Den ansässigen Unternehmen am Standort Raderberg wird über individuelle Laufzeitverlängerungen ihrer Pachtverträge (mindestens bis 31.12.2028) ihr dortiger Verbleib gesichert, vorzugsweise bis zum Übergang in ein neues Frischezentrum.
  3. In Erfüllung der Beschlüsse des Rates aus dem Jahre 2018 (3124/2018) und 2021 (AN/0929/2021) richtet die Verwaltung einen Runden Tisch mit den Markthändlerinnen unter Beteiligung aller städtischer Fachämter und stadtnaher Fachbereiche (z.B. AWB, Rhein- energie, KGAB usw.) ein. Er dient dem Vorbringen und zur Lösung der aktuellen Probleme auf dem Kölner Großmarktgelände, z.B. in Bezug auf den Verkehr, die Sauberkeit, die Toil ettensi- tuation, die Energieversorgung usw. . Die Verwaltung benennt den Markthändlerinnen auf dem Großmarkt einen/e zentralen Ansprechpartner*in für die Abarbeitung der vorgetragenen Problemlagen.

Kundgebung der betroffenen Händler, Zulieferer und Abnehmer des Großmarkts

Die Händler und Unternehmer der Interessengemeinschaft Kölner Großmarkt e.V. haben daher erstmals in der Vereinsgeschichte aber auch erstmals in der Geschichte des Kölner Großmarkts daher kurzfristig zum Auftakt der Ratssitzung auf dem Alter Markt vor dem historischen Rathaus zu einer Kundgebung aufgerufen. Ungeachtet der recht knappen Vorlaufzeit und der ungünstigen Tageszeit haben sich etwa 100 Menschen eingefunden, die auf dem Großmarkt selbst tätig sind oder hiervon, wie z.B. Wochenmarkthändler, ihre Ware beziehen.

Auch Vertreter aller Fraktionen waren vor Ort, teils um sich ein Bild zu machen und teils um uns mit einer kurze Rede zu unterstützen und Mut zu machen.

Die recht kurzfristig anberaumte Kundgebung hat gezeigt, dass hier sehr viele Existenzen und Arbeitsplätze auch über den Großmarkt hinaus hiervon abhängen.

BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN und CDU hebeln Antrag aus

Der ursprüngliche Antrag von SPD, DIE LINKE, FDP und THOR ZIMMERMANN der wurde jedoch von Mehrheit im Rat bestehend aus der der CDU, BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN und der Oberbürgermeisterin Reker durch einen parlamentarischen Kniff – Änderungsantrag – vollkommen entwertet.

  1. Die Verwaltung wird beauftragt, eine dezernatsübergreifende Projektgruppe zu bilden, die unter Beteiligung relevanter Markt Akteur*innen bis Ende 2023 ein Konzept für ein modernes Frischezentrum bzw. Food Hub entwickelt.
  2. Die aktuellen Großmarkthändler*innen werden durch die KölnBusiness Wirtschaftsförderung GmbH bei der Suche nach Interimsausweichmöglichkeiten oder Alternativen unterstützt, sollte ein (nahtloser) Übergang in ein Frischezentrum nicht möglich sein.
  3. Die Verbesserung der jetzigen Situation zur Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebes des derzeitigen Großmarkts wird schnellstmöglich umgesetzt und engmaschig mit den ansässigen Mieterinnen kommuniziert.

Unsere Kritik am Ratsbeschluss

Die Wahrscheinlichkeit, dass bis Ende 2025 die Verlagerung des Standortes – wo auch immer – abgeschlossen ist, liegt bei NULL PROZENT.

Die Wahrscheinlichkeit, dass die Verlagerung nach Marsdorf erfolgen wird, liegt gleichfalls bei NULL PROZENT.

Die Planungssicherheit, die von hier tätigen Händler und Unternehmer eigentlich dringend benötigt wird, liegt bei NULL. Ersatz- und Neuinvestitionen machen vor diesem Hintergrund nicht nur keinen Sinn sondern sind bei Notwendigkeit von Fremdkapital schlicht unmöglich.

Die Wahrscheinlichkeit, dass die hier beschlossene Projektgruppe bis Ende des Jahres gebildet wird und in irgendeiner Weise ein verwertbares Ergebnis liefert liegt bei NULL PROZENT. Denn seit dem Ratsbeschluss von 06.05.2021 hat die Stadtverwaltung in dem gebildete Gremium nur eines bewiesen, nämlich mit dem Verweis auf eine vorgebliche Beihilfe nach EU-Recht Zeit totschlagen zu können.

Die Wahrscheinlichkeit für das Gelingen einer Interimslösung oder Alternative, falls eben dieses verwertbare Ergebnis nicht vorliegt, zeugt von ausgeprägter Ignoranz der Verantwortlichen und liegt gleichfalls bei NULL PROZENT.

Was den Zustand des Geländes und der Infrastruktur am jetzigen Standort und die drohende Schließung der Hauptzufahrt im August 2023 anbetrifft, so wurden erste Gespräche mit der Oberbürgermeisterin Reker, dem zuständigen Dezernenten Wolfgramm als auf Sachbearbeiterebene geführt, um (Sofort-)Maßnahmen zu entwickeln bzw. auf den Weg zu bringen, damit es nicht einem Kollaps des Betriebs des Kölner Großmarkts kommt. Denn schließlich haben wir das Jahr 2023 und nicht 2025.

Aber so wie die Nord-Süd Stadtbahn als auch die Entwicklung der Parkstadt Süd ohne Rücksicht auf den Betrieb des Kölner Großmarkts vorangetrieben wird, liegt auch hier die Wahrscheinlichkeit, bis zum August 2023 zumindest bezüglich der Schließung der Hauptzufahrt eine Alternative zu haben, die den Betrieb des Kölner Großmarkts nicht gefährdet, gleichfalls bei NULL PROZENT.

Unser Fazit

Das Fraktionsbündnis aus BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN, CDU und auch die Oberbürgermeisterin Reker beweisen hier einmal mehr, dass sie den Kölner Großmarkt lediglich als lästig erachten. Die Stadtverwaltung hat sogar ein Einzelhandels- und Zentrenkonzept vorgelegt im Wirtschaftsausschuss im Mai 2023 Fragen beantwortet, wo der Großmarkt einfach ausradiert worden ist. Wo die Wochenmärkte und Lebensmittelgeschäfte ihre Ware künftig herbekommen sollen, interessiert hier keinen. Und was es künftig kosten soll, ebenso nicht.

Es droht am jetzigen Standort eine Brache und in Marsdorf oder wo auch immer kein Großmarkt oder vergleichbares. Die Stadt Köln wird so ungeachtet aller Beteuerungen im Kölner Ernährungsrat zum Kettensprenger einer von den Lebensmittelkonzernen unabhängigen Wertschöpfungskette.

Der Beschluss des Fraktionsbündnis aus BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN, CDU und auch die Oberbürgermeisterin Reker ist somit reine Heuchelei und Blendwerk.

Wir werden uns ungeachtet dessen weiter für den Erhalt des Kölner Großmarkts einsetzen und die Bürger hierüber in Kenntnis zu setzen. Sollen diese doch bei der nächsten Kommunalwahl einmal genau überlegen, wem sie die Stimme geben.

Sie können unsere Arbeit durch Informationen und / oder Fördermitgliedschaft bzw. Mitgliedschaft für auf dem Kölner Großmarkt ansässigen Unternehmen unterstützen.